201212
In den „Briefen an einen jungen Dichter“ rät Rilke dem jungen Franz Xaver Kappus:
„Schreiben Sie nicht Liebesgedichte; weichen Sie zuerst denjenigen Formen aus, die zu geläufig und gewöhnlich sind: sie sind die schwersten, denn es gehört eine große, ausgereifte Kraft dazu, Eigenes zu geben, wo sich gute und zum Teil glänzende Überlieferungen in Menge einstellen.“
Ganz in diesem Sinne können wir auch jene Dichterinnen betrachten, die sich an den großen Themen ihrer Zeit abgearbeitet haben – jede/r auf ihre/seine Weise.
Heinz Czechowski gehörte zu unserem engeren Kreis. Ich erlebte ihn als Kind, in Halle und in der Lausitz. In Wuischke unter dem Czorneboh, da war Czechowskis sichere Heimat im Sommer. Und da traf er meine Mutter. Wir Kinder konnten uns keinen Reim aus den Spielen der Erwachsenen machen, unschuldig verging unsere Zeit in der staubigen Scheune im duftenden Heu der Sommer. Diese Scheune stand gleich gegenüber von Czechos kleinem Haus. Dort waren die Wände gekalkt. Tisch, Stuhl, Bett, das war alles. Meine Mutter, Malerin und in ihren Vierzigern sammelte auf den langen Spaziergängen rund um den Czorneboh die Blumen der Wegränder. Sie waren der einzige Schmuck in den Räumen des Dichters.
Ich kann mich erinnern, dass Czecho, so nannten ihn seine nahen Freunde, Worte aus dem Lebensumfeld oft wiederholte, sich manchmal empörte, ja zornig über den Unsinn der Alltagssprache war. Und es kam öfters vor, dass Czecho nicht da war, wenn wir nach Wuischke kamen. Wir suchten dann lange nach ihm, dem der so viele Schatten mit sich trug, der nie das Grauen des Krieges in sich erlösen konnte.